Material: Porzellan, Holz, Horn, Metallblech
Maße: 1320 mm lang
Entstehungszeit: 1899
Nach dem gewonnen Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 kamen verschiedene Reservistika beim Militär in Mode. Reservistika sind Gegenstände, die sich die Soldaten, vor allem Armeen des Kaiserreiches, nach ihrer aktiven Militärdienstzeit als individuelle Erinnerungsstücke anfertigen ließen. Dazu zählten auch Reservistenpfeifen.
Dabei wurden Zigarettenspitzen aus Holz gearbeitet und mit Leder überzogene. Horndrechsler stellte die für die Gesteckpfeifen benötigten Hornteile her. Prachtstück einer Pfeife war der meist prächtig bemalte Porzellankopf. In unserem Falle noch mit einem Deckel in Form eines Paradehelmes. Dazu kam noch der Pfeifenschlauch aus Textilstoff. Hergestellt wurden diese Pfeifen zum großen Teil in der thüringischen Kleinstadt Ruhla. Wobei die "Reserve-Pfeife", so die damalige Bezeichnung, ein Gemeinschaftsprodukt von einigen deutschen Porzellanfabriken, Drechslerbetrieben und Beschlägefirmen, sowie weiteren unterschiedlichen Zulieferern war. „Als Hauptmodell benutzte man mehrteilige Gesteckpfeifen mit langem Weichselrohr und einem aufsteckbaren Porzellanstummel mit entsprechenden Verzierungen. Für die meist mittellosen Wehrpflichtigen musste sich die Reservepfeife in einem erschwinglichen Preisniveau bewegen, das man durch Serienprodukte mit dem eingesetzten Umdruckverfahren erreichte. Abgesehen von einer bescheidenen Handmalerei waren die Reservebilder von den produzierenden Porzellanfabriken vorgegeben, dabei standen die gesellschaftlichen Grundwerte, wie die Treue zum Landesfürsten und die Pflicht zur Wehrbereitschaft, an vorderster Stelle.“ (Quelle: Metz, Pfeifenmuseum Ruhla)
Unsere Reservistenpfeife wurde 1899 für den Gefreiten Kühn, der von 1896 bis 1899 beim 5. Eskadron des Carabinier-Regiments (Schreibweise mit „K“ ab 1900) in Borna diente, angefertigt. Der Porzellankopf zeigt einmal einen Reiter des Regiments und zum anderen einen Karabinier mit seiner Liebsten.
Dazu folgenden Spruch:
„Im Herbst spricht zum Mägdelein
so mancher Reservist.
Ich kann nicht länger bei dir sein
bleib du nur wo du bist.“
Die für Reservistenpfeifen und - Krüge typische Aufzählung der Kameraden ist hier nicht vorhanden. Auf dem Wechselstück (Hornwürfel) ist zudem eine 3 und 105 angebracht. Dies lässt vermuten, dass der Gefreite Kühn später bzw. während des Ersten Weltkrieges beim 3. Eskadron des Kgl. Sächs. 6. Infanterie-Regiment "König Wilhelm II. von Württemberg" Nr. 105 gedient hat.
Diese wunderschöne Reservistenpfeife konnte das Museum der Stadt Borna Anfang des Jahres 2024 für seine Sammlung erwerben.